Die Integration von Deutungsmuster- und Diskursanalyse bei der Untersuchung heterodoxen Wissens

Außergewöhnliche Erfahrungen und Weltwahrnehmungen, wie die kulturwissenschaftliche Grenzgebietsforschung bzw. die Anomalistik sie untersucht, korrespondieren mit heterodoxen Wissensbeständen, die im Widerspruch zu sozial anerkannten Deutungen und wissenschaftlich dominierenden Erklärungen stehen. Ausgehend von einem wissenssoziologischen Grundverständnis (Berger/Luckmann 1967), nach dem kulturell geltende Wissensvorräte unsere soziale Wirklichkeit basal konstituieren, geht das Projekt der Frage nach, welche Rolle „heterodoxem Wissen“ hierbei theoretisch zukommen kann und empirisch tatsächlich zukommt. Im Zentrum der Untersuchung stehen zwei spezifische Wissensformationen, die von besonderer Bedeutung für den Transfer und die alltägliche Anwendung von Wirklichkeitswissen sind: Deutungsmuster und Diskurse. Dabei soll insbesondere untersucht werden, wie bislang konkurrierende empirische Methoden zur Erhebung und Analyse solcher heterodoxen Wissensbestände und Praxisformen vereinheitlicht werden können.

Konkret spürt das methodologisch orientierte Projekt in mehreren Einzelschritten der Möglichkeit nach, die beiden komplexen sozialwissenschaftlichen Forschungsprogramme der (a) Deutungsmusteranalyse und (b) Diskursanalyse unter wissenssoziologischer Perspektive zu integrieren. Referenzen sind dabei einerseits die von Plaß & Schetsche (2001) vorgelegte wissenssoziologische Deutungsmustertheorie und andererseits die von Keller (2005) formulierte Methode der wissenssoziologischen Diskursanalyse. Im ersten Arbeitsschritt sollen die in der 2008 abgeschlossenen Studie „Satanismus und satanisch-ritueller Missbrauch in Deutschland“ probeweise angewendete Integrationsstrategien kritisch nachgezeichnet auf die Möglichkeiten einer Generalisierung hin untersucht werden. Sodann soll der Versuch unternommen werden, über eine Systematisierung der Analysewege zu einer ausformulierten Methodik der Integralen Diskurs- und Deutungsmusteranalyse zu gelangen. In weiteren Arbeitsschritten soll diese Methode schließlich auf verschiedene exemplarische Untersuchungsfelder unseres Forschungsbereichs angewendet werden. Einzelne Projektteile sind in die Methodenausbildung des Instituts für Soziologie der Universität Freiburg eingebunden.

Projektleiter/Bearbeiter: PD Dr. Michael Schetsche

Bearbeiterin: Dr. Ina Schmied-Knittel

Publikationen

Schetsche, M., Schmied-Knittel, I. (2013): Deutungsmuster im Diskurs. Zur Möglichkeit der Integration der Deutungsmusteranalyse in die Wissenssoziologische Diskursanalyse. Zeitschrift für Diskursforschung 1(1), S 24-45.

Plaß, C, Schetsche, M. (2001): Grundzüge einer wissenssoziologischen Theorie sozialer Deutungsmuster. In: Sozialer Sinn. Zeitschrift für hermeneutische Sozialforschung , Heft 3/2001, S. 511-536.

Schmied-Knittel, I. (2008): Satanismus und satanisch-ritueller Missbrauch. Eine wissenssoziologische Diskursanalyse. Würzburg: Ergon.