Zusammenfassung
Der Beitrag führt ein in zeitgenössische Konzeptionen des esoterischen Feldes aus den 1950er Jahren, die unter dem Begriff „Aberglauben“ Grenzlinien einerseits gegenüber „Religion“, andererseits gegenüber „Wissenschaft“ zogen. Um den diskursiven Gebrauch wissenschaftlicher Topoi in der Debatte besser einzuordnen, wird auf ein morphologisches Modell von Egil Asprem (2016) zurückgegriffen. Im Anschluss folgt eine kurze Einführung in die Deutsche Gesellschaft Schutz vor Aberglauben (DEGESA) und ihre Position im religiösen Feld; mit der Frage nach bislang in der Forschung wenig beachteten Positionen und religiösen Affinitäten einzelner Mitglieder. Der Blick auf das bekannnteste Mitglied, Theodor W. Adorno, erlaubt Rückschlüsse über Motive und Problemstellungen bei der Popularisierung von Wissenschaft in einer von religiösen und moralischen Grenzziehungen gekennzeichneten Debatte. Mit Carl Pelz wird die signifikante Präsenz der Lehre Mathilde Ludendorffs innerhalb der DEGESA beleuchtet. Gerhard von Franckenberg führt schließlich in das kaum erforschte freireligiöse Gebiet, in dem popularisierte Wissenschaft und gemeinsame Gegner zeitweise völkische und sozialdemokratische Akteure zu einer biologisch-physikalisch unterlegten Wissenschaftsreligion vereinten. Im Fazit wird die Rolle von Repräsentationen aus Naturwissenschaft, Psychologie und Religionsphänomenologie bei der Beschreibung eines religiösen Feldes reflektiert, in dem einerseits Techniken des Selbst und andererseits kollektive Ganzheitsvorstellungen verhandelt werden.