Seit Mitte der 1960er Jahre wird dem Schamanismus in westlichen Gesellschaften ein verstärktes Interesse entgegengebracht, das allerdings in einer weit zurückreichenden europäischen Tradition steht. Historisch gesehen wurden Schamaninnen und Schamanen entweder pathologisiert und beispielsweise als „arktische Hysteriker“ charakterisiert oder sie wurden als „edle Wilde“ idealisiert. Diese historischen Varianten der positiven oder negativen Abgrenzung sind im Rahmen alternativer und esoterischer Weltdeutungen einer identifizierenden Vereinnahmung gewichen. Im Neoschamanismus, auch als „moderner westlicher Schamanismus“ bezeichnet, wird versucht, eine Anpassung indigener Weltdeutung und Spiritualität an die Gegebenheiten moderner Gesellschaften westlichen Typs vorzunehmen und sie mit unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen zu integrieren.
Ein wesentlicher Aspekt besteht dabei in der Adaption der schamanischen Heilung, die als eine Ergänzung zu den schulmedizinischen und konventionellen psychotherapeutischen Verfahren angesehen wird, wie dies auch bei anderen alternativ- oder komplementärmedizinischen Verfahren der Fall ist. Die schamanische Praxis zeichnet sich dadurch aus, dass die praktizierende Person einen veränderten Bewusstseinszustand willentlich induziert, um in diesem Zustand sogenannte „schamanische Reisen“ u.a. zum Erlangen von Informationen zu unternehmen. Diese Informationen sollen Hinweise auf die „eigentlichen Ursachen“ der Krankheit oder Störung geben, die deren Therapierung jenseits einer bloßen Symptombekämpfung ermöglicht.
Der Schamanismus und Neoschamanismus ist für die Themenstellungen des IGPP in verschiedener Hinsicht interessant: