Die Erforschung von Phänomenen und Erlebnissen an den Grenzen unserer Lebenswirklichkeit hat in Freiburg eine lange Tradition. Wesentlich trug dazu das Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene (IGPP) bei. Sein Gründer, Professor Dr. Dr. Hans Bender (1907–1991), war nach dem Zweiten Weltkrieg der bekannteste und populärste akademische Vertreter der deutschen Parapsychologie (Abb. 1). Kurz nach Kriegsende begann Hans Bender im Gebäude „Eichhalde 12“ in Freiburg-Herdern ein Institut aufzubauen, das 1950 seinen Betrieb aufnahm (Abb. 2), und das Bender bis zu seinem Tode leitete (siehe Bauer, 1998 für eine ausführliche Informationen über Prof. Bender).

Geschichte
des Instituts für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene (IGPP)
Abb. 1
Professor Dr. Hans Bender
(1907-1991)
Gründer des Instituts für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene
Abb. 2
Institut für Grenzgebiete
der Psychologie und
Psychohygiene (IGPP)
Gebäude „Eichhalde 12“ in Freiburg-Herdern
Schon bald konnte Professor Bender eine Verbindung zwischen dem Institut und der Universität herstellen: Er hatte zwischen 1954 und 1975 einen Lehrstuhl für Grenzgebiete der Psychologie am Psychologischen Institut der Universität Freiburg inne und war gleichzeitig Direktor des IGPP. Nach Benders Tod wurde sein langjähriger Assistent, Prof. Dr. Johannes Mischo (1930–2001), Nachfolger sowohl auf diesem Lehrstuhl bis 1998, als auch in der Leitung des IGPP bis 2001. Bis 2020 wurde das Institut von Prof. Dr. Dieter Vaitl geleitet, bis Mitte 2022 von Prof. Dr. Stefan Schmidt und seitdem von PD Dr. Jürgen Kornmeier.
Die „Eichhalde-Periode“ kann im historischen Rückblick als die „heroische“ Zeit des Instituts gelten: Sie stand bis Mitte/Ende der 1980er Jahre ganz im Zeichen der Persönlichkeit Benders, der in der Öffentlichkeit zum Parapsychologie-Professor schlechthin wurde („Spuk-Professor“). Benders Vorlesungen und Seminare an der Universität Freiburg sind für Generationen von Freiburger Studenten zur Legende geworden. Mehrere hundert Hörer pflegten fasziniert und amüsiert seiner Dienstagsvorlesung in der Aula der Universität zu folgen, wenn er über einen möglichen „Blick in die Zukunft“ – also gut dokumentierte Wahrträume – oder über neueste Spukuntersuchungen, wie z. B. den Fall Rosenheim, packend zu berichten wusste. Bender wurde nie müde, darauf hinzuweisen, dass außergewöhnliche (paranormale) Erfahrungen und Ereignisse („Psi-Phänomene“) zur Anthropologie des Menschen und seiner Lebenswelt gehören und daher eine möglichst breite wissenschaftliche Erforschung verdienen. Neben der Etablierung dieses Forschungsbereichs im Kanon psychologischer Disziplinen hat er durch seine intensive Öffentlichkeitsarbeit dazu beigetragen, dass die Grenzgebietsforschung populär wurde und Eingang in den akademischen Diskurs fand.
Die finanzielle und personelle Ausstattung des Instituts war in der Anfangszeit allerdings sehr bescheiden und wurde im Wesentlichen von der Stiftung der Schweizer Biologin und Parapsychologin Dr. Fanny Moser (1872–1953) finanziert (Abb. 3). Das damalige Team bestand höchstens aus zwei bis drei Mitarbeitern, in der Regel Diplompsychologen, die sich als „Generalisten“ alle Facetten der täglichen Institutsarbeit teilten. Die von Bender oft beklagte finanzielle Mangelsituation der Grenzgebietsforschung änderte sich von Grund auf, als seit 1992 das IGPP dank des jährlichen Zuflusses von Mitteln aus der „Holler-Stiftung“ seine herkömmlichen Aufgaben- und Forschungsbereiche erheblich erweitern konnte. Die Eheleute Holler hatten bereits in den 1960er Jahren des vergangenen Jahrhunderts verfügt, dass ihr Vermögen einer gemeinnützigen Stiftung zufallen sollte.


Abb. 4
Asta Holler (1904–1989)
Asta Holler (1904–1989) (Abb. 4), die ihren Mann um 20 Jahre überlebte, stellte durch ihr Testament finanzielle Mittel bereit, die bestimmte Leistungen ohne zeitliche Beschränkungen ermöglichen sollten. Im September 1990 nahm die Stiftung ihre Arbeit auf. Die Historikerin Heidrun Edelmann verfasste eine lesenswerte Geschichte der Holler-Stiftung unter dem Titel „Vermögen als Vermächtnis. Leben und Werk der Stifter Christian und Asta Holler“ (2011).
Die verbesserte Finanzsituation machte eine Neustrukturierung des Instituts notwendig. Da die Forschungsprojekte rasch zunahmen und das wissenschaftliche Personal aus den etablierten Bereichen der Natur-, Sozial- und Kulturwissenschaften stetig anwuchs, wurde das Eichhalde-Institut aufgegeben und 1996 ein neues Institutsgebäude im Zentrum der Stadt bezogen. Das IGPP und seine Forschungsthematik stehen seither im Brennpunkt ganz unterschiedlicher Wissenschaftskulturen. Eine ausführliche Darstellung der Institutsgeschichte findet sich in Lux (2020).
Zwischen 2002 und 2009 reduzierten sich die jährlichen Stiftungszuwendungen, unter anderem auch aufgrund der Finanzkrise, signifikant, sodass aktuelle Forschungsprojekte zum großen Teil an eine erfolgreiche Einwerbung von Drittmitteln gebunden sind. Heute stehen das IGPP und seine Forschungsthematik im Brennpunkt ganz unterschiedlicher Wissenschaftskulturen.
Literatur zur Institutsgeschichte
Lux, A. (2020). Wissenschaft als Grenzwissenschaft: Hans Bender (1907-1991) und die deutsche Parapsychologie. De Gruyter.
Vaitl, D. (Hrsg.). An den Grenzen unseres Wissens. Von der Faszination des Paranormalen. Herder.
Edelmann, E. (2011). Vermögen als Vermächtnis. Leben und Werk der Stifter Christian und Asta Holler. Oldenbourg.
Bauer, E. (1998). Hans Bender und die Gründung des „Instituts für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene“. In J. Jahnke, J. Fahrenberg, R. Stegie, E. Bauer, & C. Allesch (Hrsg.), Psychologiegeschichte. Beziehungen zu Philosophie und Grenzgebieten (Passauer Schriften zur Psychologiegeschichte, Band. 12, S. 461–476). Profil Verlag.
