Beratungs­psycho­logische Forschungs­projekte

Einführung

Bearbeitung alter Beratungsfälle für zukünftige Forschung

Die Fallsammlung des IGPP ist ein einmaliger Fundus für die AgE-Forschung. Über 3000 Fälle aus dem Zeitraum 1998 bis 2009 wurden mittlerweile gesichtet, um zu klären, wie weiter mit ihnen umgegangen werden soll. Ziel des Projektes ist die Selektion von Fallmaterial, das nicht mehr der Dokumentationspflicht unterliegt, das aber für qualitative Forschungszwecke als erhaltenswert erscheint. Es zeigte sich, dass in 43% der Fälle außer der Basisdokumentation, mit der Informationen für statistische Zwecke und die quantitative Forschung erfasst werden, weiteres Material vorliegt, dass für qualitative Studien von Interesse sein könnte. Dazu zählen Erlebnisberichte, Dokumente, Fotos sowie in 11% der Fälle Audio- und in 2% der Fälle Videoaufnahmen von Beratungsgesprächen, die mit Einverständnis der Ratsuchenden gemacht wurden. In einem ersten Arbeitsschritt wurden die Materialien nach AgE-Formenkreisen kategorisiert und analoge Audio- und Videoaufnahmen für eine spätere Bearbeitung digitalisiert. Als nächstes steht eine inhaltliche Begutachtung und Bewertung des Materials an, um über die weitere Verwertung entscheiden zu können. Sollen Informationen langfristig erhalten und nicht vernichtet werden, sind strenge Datenschutzpflichten zu beachten. Personenbezogene Informationen müssen je nach beabsichtigtem Verwendungszweck und zukünftigem Aufbewahrungsort aufwendigen Prozeduren der Pseudonymisierung oder Anonymisierung unterzogen werden.

AgE und Bindungsstile bei Ratsuchenden

Die sechs typischen AgE-Formenkreise in der IGPP-Beratung bilden phänomenologisch ein internales Kontinuum von Außersinnlicher Wahrnehmung (ASW) über Internale Präsenz und Beeinflussung (IPR) bis zu Mediumismus und Automatismen (MED) auf der einen Seite sowie ein externales Kontinuum von Sinnvollen Fügungen (SIN) über Spuk und Erscheinungen (SPK) bis zu Nachtmahr und Schlafparalyse (NAM) auf der anderen Seite. Statistische Analysen von mehr als 2300 zwischen 1996 und 2014 dokumentierten Beratungsfällen zeigen, dass sich Ratsuchende in Abhängigkeit von den AgE-Formenkreisen, über die sie berichten, signifikant hinsichtlich ihrer sozialen Bindung unterscheiden. Die Bindungsforschung beschreibt typische Bindungsstile bei Erwachsenen, die vorwiegend auf Kindheitserfahrungen mit primären Bezugspersonen zurückgehen. Ein sicher-autonomer Bindungsstil geht mit einem ausgewogenen Verhältnis von Autonomie und Bindung einher. Mangelnde Fürsorge oder Misshandlungen in der Kindheit fördern einen unsicher-distanzierten Stil, der Autonomie betont und Bindung vermeidet, oder einen unsicher-verstrickten Stil, der Bindung betont und Autonomie vermeidet. Insbesondere bei früher Traumatisierung durch Missbrauch oder Verlust ist ein unsicher-desorganisierter Stil zu beobachten.

Bisherige Ergebnisse deuten darauf hin, dass internale Phänomene eher mit einem distanzierten und externale Phänomene eher mit einem verstrickten Bindungsstil einhergehen. Ratsuchende mit dem IPR-Formenkreis neigen zu sozialem Rückzug, während SPK-Phänomene vorwiegend in sozialen Systemen mit starker interpersoneller Bindung auftreten. Dass die dissoziativen Formenkreise jeweils der Tendenz der ihnen vorgeordneten Formenkreise widersprechen, deutet wie die psychophysischen Phänomene auf einen desorganisierten Bindungsstil hin. Dieser könnte daraus resultieren, dass die aktuelle Bindungssituation nicht kompatibel mit dem genuinen Bindungsstil der Betroffenen ist: Die Bindung des MED-Typen steht dessen Autonomiebedürfnis und die Autonomie des NAM-Typen dessen Bindungsbedürfnis entgegen. Um die bisher spekulativen Zusammenhänge zwischen Bindungsrepräsentationen, Bindungsstilen und AgE empirisch zu bestätigen, werden in naher Zukunft Studien mit dem Erwachsenen-Bindungstypen-Rating (EPBR) von Strauß und Lobo-Drost durchgeführt. Beim EPBR wird mittels eines sogenannten Beziehungsinterviews die Bindungsgeschichte von der Vergangenheit bis zur Gegenwart und zum aktuellen Beziehungsverhalten exploriert. Auf dieser Grundlage erfolgt eine Einteilung der Befragten in Bindungsstile.

Ausgewählte Projekte

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Meditierende unterhalten sich

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Menschen in Krisen können sich an die Beratung des IGPP wenden.
Zwei Köpfe mit einem Faden als Knäul und Spirale

Außergewöhnliche Erfahrungen und Psychotizismus

Sind Außergewöhnliche Erfahrungen (AgE) als subklinische Symptome eines Psychosekontinuums zu verstehen?