Gesellschaft – Wissen – Diskurse

Projektbeschreibung

DFG-gefördertes Forschungsprojekt

„Im Schatten des Szientismus. Zum Umgang mit heterodoxen Wissensbeständen, Erfahrungen und Praktiken in der DDR“

Ausgangsfragen und Zielsetzung

Bekanntermaßen galten in der DDR vor dem Hintergrund der staatlich propagierten wissenschaftlich-szientistischen Weltanschauung sämtliche im weitesten Sinne ‚paranormalen‘ Themen als ‚finsterer Aberglaube‘ und wurden im öffentlichen Diskurs systematisch diskreditiert. Doch jenseits der öffentlichen Diskreditierung jener Themen war über ihren Stellenwert in der DDR-Gesellschaft bislang so gut wie nichts bekannt. Konkret gefragt:

Was dachten die DDR-Bürger über Themen wie Gedankenübertragung, Wahrträume, Ahnungen, Spuk- und Geistererfahrungen, Parapsychologie, Astrologie, Alternativmedizin oder UFOs?

Waren unabhängig von den öffentlichen Verlautbarungen die Beschäftigung mit entsprechenden Inhalten und dazugehörige Praktiken in der Bevölkerung tatsächlich zurück gedrängt oder existierten sie zumindest im Verborgenen weiter?

Diese Fragen bildeten den Hintergrund eines historisch-soziologischen Forschungsprojektes, das von September 2013 bis Ende 2017 unter dem Titel Im Schatten des Szientismus. Zum Umgang mit heterodoxen Wissensbeständen, Erfahrungen und Praxisformen in der DDR von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) finanziert und am IGPP durchgeführt wurde. Das Projekt untersuchte anhand des Beispiels des Themenkomplexes des ‚Paranormalen‘ mit wissenssoziologischem Fokus das Verhältnis zwischen orthodoxen und heterodoxen Wissensbeständen und Praxisformen in der DDR und hatte drei Hauptziele:

Icon Zahl 1
Die Rekonstruktion der staatlichen Haltung der DDR gegenüber dem Themenbereich des ‚Paranormalen‘ anhand einer themenbezogenen Analyse des öffentliche Diskurses
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Die Bestimmung institutioneller Handlungspraxen in Bezug auf das gewählte Themenfeld
Icon Zahl 3
Die Analyse lebensweltlicher Umgangsformen mit dem Wissens-, Handlungs- und Erfahrungsfeld des ‚Paranormalen‘
Institutionelles Handeln und soziale Kontrolle:

Die eindeutige Stoßrichtung des öffentlichen Diskurses der DDR über das ‚Paranormale‘ ging mit einem institutionell gestützten Abwehrkampf gegen die propagierten Gefahren des Aberglaubens einher, der insbesondere in der Anfangszeit der DDR mit einem erheblichen Aufwand realisiert wurde und sich in Form von gesetzlichen Verboten, Zensur, Kontrolle und teilweise drastischen Verfolgungs- und Strafmaßnahmen manifestierte.

Das Paranormale in der DDR-Lebenswelt:

Spätestens seit Mitte der 1960er Jahre existierten paranormale Themen, Praktiken und Wissensbestände in der DDR-Bevölkerung nur noch in zahlenmäßig sehr geringem Ausmaß und in höchst verborgener Form. Das Paranormale in der DDR kann daher als Beispiel für eine erfolgreich marginalisierte Heterodoxie gelten, die am Ende so gut wie keine gesellschaftliche oder kulturelle Relevanz mehr besaß. Dies kann als eine direkte Folge der diskursiven und institutionellen Maßnahmen der DDR-Staatsführung gegen das ‚Paranormale‘ betrachtet werden, wobei auch weitere mögliche Einflussgrößen wie die historisch weiter zurückreichende starke Säkularisierungstendenz ostdeutscher Regionen berücksichtigt werden muss.

Zum Buch
Das Paranormale im Sozialismus

Autor: Andreas Anton
Herausgeber:
Logos Verlag Berlin
Sprache: ‎ Deutsch
Geb. Ausgabe: ‎ 327 Seiten
ISBN: ‎ 978-3-8325-4773-8

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