Der Begriff „terminale Geistesklarheit“ bezeichnet das unerwartete Auftreten geistiger Klarheit bei verwirrten oder sogar bewusstlosen Patienten kurz vor dem Tod. Dieses Phänomen wurde besonders im 19. Jahrhundert vielfach beschrieben, zuletzt aber kaum noch thematisiert. Um ihm wieder zu mehr Aufmerksamkeit unter Ärzten und Wissenschaftlern zu verhelfen, prägte Michael Nahm 2009 den Begriff der „terminalen Geistesklarheit.“
Unerwartete Episoden geistiger Klarheit treten jedoch nicht nur vor dem Tod auf. Für Fälle, in denen Patienten mit schweren neurologischen Erkrankungen schon längere Zeit vor ihrem Tod einen unerwarteten Schub an geistiger Klarheit zeigen, haben Ko-Autoren und ich den verwandten Begriff der „paradoxen Geistesklarheit“ geprägt. Mittlerweile haben zahlreiche Wissenschaftler insbesondere aus dem Forschungsfeld zu Demenzerkrankungen damit begonnen, terminale und paradoxe Geistesklarheit zu erforschen. Diese Studien könnten unser Verständnis des Zusammenspiels von menschlichem Geist und Gehirn erhellen und zur Entwicklung neuer Therapien führen.